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Themen: Pokémon Go - Der Wahnsinn! Oder: Wie blöd ist das denn?




Pokémon Go - Der Wahnsinn! Oder: Wie blöd ist das denn?

Ach wie war meine Jugend doch so schön. Da gab es glücklicherweise noch keinen Twitter-Kurznachrichtendienst und man konnte, dem Himmel sei Dank, auch keine SMS verschicken, man unterhielt sich dafür mehr oder weniger gut mit Verwandten, Bekannten, Mitschülern, Arbeitskollegen und dem Rest der Welt, soweit das möglich war, es gab ja noch das Wählscheiben-Telefon. Man hatte viel zu erzählen und erzählte viel. Die Welt der digitalen Spiele waren noch relativ neu und meist nur auf Ping-Pong, Pac-Man und Tetris begrenzt, die wegen ihrer mangelhaften Fähigkeiten schnell langweilig wurden und daher in der Versenkung landeten. Welch ein Glück. Dafür befaßte man sich als Junge mit den Mädels und als Mädel mit den Jungs. Da wurde heftig geflirtet und geknutscht (manchmal auch mehr) und man hatte Spaß. Viel Spaß.... Ach ja, war das eine herrliche Zeit.

Wir mussten nicht um Spaß zu haben täglich stundenlang vor einem PC-Monitor sitzen, um irgendwelche Spielchen zu spielen, deren grafischen Spiele uns eine interessante Welt vorgaukeln sollten. Wir wollten uns auch nichts vorgaukeln lassen. Wenn jemanden etwas vorgegaukelt wurde, dann höchstens einem begehrten Flirtobjekt, dem der ein oder andere ein toller Mensch sein wollte, um bei ihm - oder ihr - Erfolg zu haben, also landen zu können. So war das eben.

Und da war halt auch etwas zum anfassen da, angenehm anzufassen, und nicht nur für die Augen, die gebannt die Geschehnisse auf einem kleinen Monitor verfolgen müssen.

Pokémon Go hat überhaupt etwas vom Spiel mit dem Hund, welches man „Fang das Bällchen “ nennt. Wo es hier aber keinen phyikalischen Ball gibt - und auch keinen Hund -, sondern wo Menschen eine virtuelle Grafik im Comicdesign auf ihrem Smartphone-Diplay „einfangen “, an vom Spielehersteller bestimmten Plätzen. Der Spielehersteller ist also hier das Herrchen, welches den Ball wirft. Und die Menschen übernehmen den Part des Hundes. Na wenn da nicht hier so langsam die Welt vor die Hunde geht. Denn wenn Spielehersteller fähig sind global derart große Menschenmengen in so kurzer Zeit für ein derart simples Spiel zu mobilisieren, dann fragt man sich, wozu sind die noch fähig? Zu einem inspirierten Massensuizid? Erschreckend diese Vorstellung. Sind die Menschen von den Medien - und den großen Weltfirmen - derart leicht zu beeinflußen? Dann können diese viele Menschen ins Unglück treiben - oder aber auch Positives tun. Hoffen wir auf letzteres.

Vom twittern - sowie vom SMS simsen - ist der heutigen Jugend (und den jungen Erwachsenen) wohl die Sprache etwas abhanden gekommen, bzw. sie ist leicht verkümmert, wegen den short messages, da alles immer sehr kurz abgefaßt sein muß. Und da Menschen keine Monitore sind, hapert es bei einigen, die mehr an Monitoren gewöhnt sind anstatt an Menschen, auch mit dem Anbaggern ein wenig, da man die Kommunikation etwas verlernt hat, bzw. gehemmt ist, weil so ein Mensch sich ja bewegt und auf alles Mögliche reagiert, was so ein PC- Monitor nun mal nicht macht. Und das Anbaggern kann man auch nicht so gut mit den Monitoren üben. Und short messages kommen dabei auch nicht so gut rüber, in einer Unterhaltung. Im Nahkampf mit einem echten Menschen, kann man da leicht und schnell etwas überlastet sein. Und das ist gar kein Witz. Eine Studie hat kürzlich belegt, heutige junge Menschen haben weniger Sex und Erotik als frühere Generationen. Ist ja auch kein Wunder, wenn man statt mit seiner Perle - oder seinem Lover - mit seinem Smartphone ins Bett geht und sich dort von Pokémon amüsieren lässt. Wie blöd ist das denn?

Ist das nun die neue Art von „Saver-Sex “? Also keinen Sex zu haben, dafür Schwielen an den Fingern, weil man sein Smartphone (oder anderes) damit malträtiert - im Pokémon-Wahn?!

Oder dient das Pokémon Go -Spiel vielleicht doch zum vorsichtigen Anbahnen, wenn man zu Dutzenden auf einem begrenzten Raum ist und nach Pokémons Ausschau hält? So nach dem Motto: „Hey Du, hast Du auch schon ein (Pokémon-) Ei ausbrüten können? “!

Uff, und das hier in Deutschland, im einstigen Land der Dichter und Denker. Das ist jetzt intellektuell offensichtlich der absolute Supergau.

Am 6. Juli 2016 wurde das Spiel Pokémon Go über den Google Play Store und im App Store in den Vereinigten Staaten, Australien und Neuseeland veröffentlicht. In Deutschland dann am 13. Juli 2016 (ist ja noch nicht lange her). Dazu entwickelte Nintendo ein Armband (Pokémon Go Plus), das eine Bluetooth-Verbindung zum Smartphone nutzt, um den Spieler durch Leuchtdioden und Vibrationsalarme zu informieren, wenn eine Pokémon-Grafik bald auf dem Smartphone erscheint, man sich also in der Nähe eines bestimmten Geokoordinatenpunktes befindet, wo die Software des Spieleherstellers einen Pokémon „hinbeamt “. Schon nach wenigen Tagen wurde das Spiel weltweit über 100 Millionen Mal aus dem App Store abgerufen. Das ist Wahnsinn! Unglaublich das es so etwas geben kann. Was für ein Riesen Erfolg! Das schlägt sicher alle Rekorde.

Seitdem schlägt das Spiel vor allem hohe Wellen (und generiert Nintendo - dem Spielehersteller - und der Softwareschmiede Niantic - einen Ableger von Google -, hohe Einnahmen) und veranlaßt die Menschen seltsame Dinge zu tun. Das ist wirklich Wahnsinn!

Die Menschen rennen mit ihrem Smartphone vor der Nase durch die Gegend und warten darauf, dass der Spielehersteller-Server ihnen aufs Display eine kleine Grafik anzeigt - einen Pokémon. Der hat in seiner Software bestimmt, auf welchen Geokoordinaten die Comic-Figuren-Grafiken angezeigt werden sollen. Wer dann mit seiner Kamera den Weg nun filmt, den er geht, werden ihm auf bestimmten Geokoordinaten, wo der User hingehen soll, ihm diese grafischen Pixelchen auf seinem Smartphone-Display angezeigt. Und mehr als 100 Millionen Menschen rund um den Globus rennen nun los zu diesen Geokoordinaten, um sich diese Pixelgrafiken anzeigen zu lassen.

In Düsseldorf treibt der Wahn ganz besondere Blüten. Dort wurde eine Brücke für den Autoverkehr gesperrt, weil der Spielehersteller dort ganz viele Pokémon-Pixelchen anzeigen lässt und deshalb nun dort auf der Girardet-Brücke an der Kö ganz viele Spielverrückte ausharren, weil sie ihren Pokémons ganz nahe sein wollen (siehe Links unten). Es wurden sogar Dixi-Klos aufgestellt, damit sie, um ihre Notdurft verrichten zu können, den Platz nicht verlassen müssen. Und wäre das nicht schon schräg genug, wurde am 4. August in Düsseldorf eine Pokémon-Straßenbahn gestartet, die in langsamen Tempo durch die Stadt rollte, um Pokémons „einzufangen “. Das war dann für die Gehfaulen. Gleiches soll auch in Augsburg und München schon geschehen sein. Liebe Leute, was ist das denn für ein Wahnsinn? Oder anders gefragt: Wie blöd ist das denn?

Die Welt steht am Abgrund, es kracht an allen Ecken und Enden, die Demokratie ist in Gefahr und noch so vieles mehr. Und was machen die jungen Menschen? Sie spielen Pokémon Go. Das ist, so finde ich, dekadent, einfach nur entartet und noch mehr als einfach nur blöd.

Statt sich mit solchen Spielereien aufzuhalten, könnte man die Zeit auch sinnvoll nutzen und Sinnvolles tun. Das Sinnvollste ist, sich um seine Gesundheit zu kümmern und um Hilfsbedürftige. Auch um mit Freunden, Verwandten und Bekannten in Kontakt zu bleiben und mit ihnen Zeit zu verbringen. Und den Sport sollte man, schon aus Gesundheitsgründen, ganz an vorderster Stelle stellen. Am besten in freier Natur, wozu Radfahren und Wandern besonders gut geeignet sind. Aber ohne das Smartphone und Pokémon Go, damit man sich auf die Natur, in welcher man ist, konzentrieren kann und sie dabei bestmöglich erlebt.

In Sachen Datenschutz steht es bei dem Spiel auch nicht so gut. Die Firma Niantic nehme sich alle Rechte heraus, die gesammelten Daten und Nutzungsprofile an Dritte weiterzugeben. So ist es quasi unmöglich, Pokémon Go anonym zu spielen. De facto hätten deutsche Nutzer keine Möglichkeit, eine Löschung ihrer Daten durchzusetzen. Klauseln in den Datenschutz- und Nutzungsbedingungen des Pokémon Go-Spiels verstoßen zudem mehrfach gegen deutsches Recht. Dem deutschen User aber dürfte es nicht möglich sein, hiergegen vorzugehen. Aber wer spielen will, will ja nicht mit dem Hersteller streiten und gegen ihn Prozesse führen.

Der User empfängt nicht nur Grafikdaten vom Spiel „Pokémon Go“, sondern er sendet auch Daten zu den Servern von Niantic, und dieser übermittelt Nutzerdaten auch zu Rechnern von Unity Technologies, Apteligent und Upsight, die mit der Auswertung von Nutzerdaten für Werbezwecke Geld verdienen. Aber, insofern auch die Bewegungskoordinaten der User aufgezeichnet werden, wird Pokémon Go Teil eines „Überwachungs-Kapitalismus “, genauso wie das Internet dies ist. Datenkraken wie Google, versuchen so viele Daten der User wie möglich aufzuzeichnen.

Der Eingriff in die Privatsphäre durch die Spiel-App sei Teil der verbreiteten Praxis des Überwachungs-Kapitalismus “, so auch der streitbare Filmemacher und dreimalige Oscar-Gewinner Oliver Stone.

Noch sind diese Grafiken sehr abstrakt. In Zukunft wird es aber 3D-Grafiken geben, die Menschen und Tiere anzeigen, welche wie echt lebend aussehen. Nur das diese dann besondere Fähigkeiten haben. Fähigkeiten die ein normal sterblicher Mensch (oder ein Tier) nicht hat (beispielsweise aus dem Stand 10 Meter hoch zu springen und dort schwebend zu verharren). Das kann für die Psyche mancher Spieler gefährliche Konsequenzen haben, der schließlich so sein möchte wie sein vermenschlichter „Pokémon“, ein Held mit Superfähigkeiten, aber er bemerkt frustrierend, dass er auf seinem Niveau reduziert bleibt und unfähig ist genauso ein Superheld zu werden. - Armer User!

Und dann wird dieses Spielchen auch noch für das Militär interessant, da es virtuell militärische Gegner anzeigen kann, mit denen man kämpfen soll, um das Töten zu üben. Damit hat dann dieses Spiel seine kindliche Unschuld verloren.

Aber das ist noch nicht der letzte Knaller. Der wird dann die Menschen ereilen, wenn es den Herren Ingenieuren und Software-Entwicklern möglich ist, einen großen Techniksprung zu erreichen. Dann werden die User nämlich keine Displays mehr brauchen und auch keine Smartphones mehr, dann erscheinen die Figuren visuell (eventuell per Laserlichtstrahl von einem Satelliten aus abgestrahlt) an bestimmten oder unbestimmten Geokoordinaten in freier Natur und mit bloßen Augen erkennbar. Dann sind wir bald in der „Matrix “, also in einer Welt, die zu großen Teilen eine Simulation, eine computergenerierte Traumwelt, ist, und vieles um einen herum ist einfach nur noch Illusion. Aber was technisch ein Fortschritt ist, muss für die Menschheit nicht gleich auch ein Fortschritt sein, es kann auch zu einem Rückschritt führen. So kann es rückschreitend auch zu einem Startpunkt einer zunehmenden Infantilisierung werden, das heißt, die Absenkung des allgemeinen mentalen Niveaus auf eine kindliche Entwicklungsstufe. So werden langsam alle Pokémon-Spieler wieder zu kleinen niedlichen Kindern. Dies könnte aber zu einem Identitätsverlust führen. Entweder man wird ein bewusster Erzeuger seiner eigenen Identität oder man ist der Konsument einer fremden Identität, die sich aus einer virtuellen Welt nährt.

Aber was interessiert alle Kritik den spielverrückten User? Kann die Welt auch untergehen, sie werden weiterhin auf ihren Displays nach Pokémons sehen!

Also spielt nur ruhig weiter. Viel Spaß dabei!

Pierre Sens

08. August 2016



Twitter-Kurznachrichtendienst: Mikroblogging-Dienst, wo Nutzer telegrammartige Kurznachrichten in der Welt - übers Internet und damit auch auf Smartphone - verbreiten können, deren Nachrichtenmöglichkeit im übrigen auf maximal 140 Unicode-Zeichen begrenzt ist, pro Nachricht

SMS: Short Message Service - ein Telekommunikationsdienst zur Übertragung von Textnachrichten, auf 160 Zeichen begrenzt

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